Zeitungsartikel zum Großen Historischen Umzug (Rhein Erft Rundschau) Drucken

Alter Mühlenort mit Charakter

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Wahrzeichen des Ortes ist die alte Windmühle.  Foto: Mrziglod


Alle Ortsteile der Städte im Rhein-Erft-Kreis stellt die Rundschau in ihrer neuen Serie „Mitten im Ort“ vor. Diesmal werfen wir einen Blick auf Stommeln, das an diesem Wochenende sein 1050-jähriges Bestehen ganz groß feiert. Von Wolfgang Mrziglod

Pulheim.

Toni Schäfer ist vor mehr als sechs Jahrzehnten im ehemaligen Stommelner Krankenhaus „Maria Hilf“, dem heutigen italienischen Internat „Papa Giovanni XXIII“, zur Welt gekommen. Seitdem lebt er in dem Mühlenort. Der gelernte Werkzeugmacher hat nie daran gedacht, Stommeln jemals zu verlassen. Hier lebten seine Eltern und die Familie und ein Teil der Familie lebt immer noch im Ort.

Stommeln

Im Jahr 962 fand der heutige Pulheimer Stadtteil unter dem Namen Stumbele zum ersten Mal in einer Urkunde Erwähnung. Heute leben hier etwa 9200 Menschen, davon rund 8200 in Stommeln und rund 1000 in Stommelerbusch und Ingendorf. Überregional bekannt ist Stommeln durch die hier geborene selige Christina, der Ortsteil Stommelerbusch durch die beiden großen Golfanlagen.

Schäfer erinnert sich an die Kinder- und Jugendzeit, als er mit seinen Freunden den Bauern bei der Ernte half und so zu einer ordentlichen Brotzeit kam. „Dadurch haben wir auch unsere Eltern etwas unterstützt, denn das Geld war nach dem Krieg knapp.“

Toni Schäfer, der sein Kölsch gern im Herzen des Ortes, im Haus Schauff an der Ecke Venloer Straße trinkt, hat mit seinen Freunden früher oft im Bereich des alten Stommelner Wasserturms gespielt. Dass der Turm vor vielen Jahren abgerissen wurde, bedauert er immer noch. Beim Blick zurück sagt Schäfer, dass er – wie viele Stommelner Bürger – gegen die Eingemeindung des Ortes in die Großgemeinde Pulheim im Zuge der Kommunalreform 1975 gewesen sei. „Die Pulheimer hatten damals eine viel höhere Pro-Kopf-Verschuldung als Stommeln. Das wurde dann einfach alles gleichgemacht.“

Auch der seinerzeit unter den Bürgern viel diskutierte Bau des Toilettenhäuschens auf dem Dorfanger, gleich gegenüber von seinem Stammlokal, fand nicht seinen Zuspruch: „Die Toiletten sind doch nur während der Markttage geöffnet.“ Aber trotz aller Kritik: Stommeln bleibt für ihn lebens- und liebenswert. Da Toni Schäfer mit einer Gehhilfe unterwegs ist, kann er mich auf meinem Bummel durch Stommeln nicht begleiten.

 

Die ehemalige Synagoge hat als eine der wenigen Synagogen in Deutschland die Pogrome 1938 unbeschadet überstanden.  

 

Die ehemalige Synagoge hat als eine der wenigen Synagogen in Deutschland die Pogrome 1938 unbeschadet überstanden.  
Foto: Mrziglod

 

Vorbei an den weltbekannten Dierks-Studios

Vom Dorfanger, dem Zentrum des Ortes, geht es auf der Hauptstraße hinaus zum Sportzentrum, vorbei an der Synagoge, die seit 20 Jahren mit viel beachteten Ausstellungen renommierter Künstler an die Gräuel der Nazizeit erinnert, weiter zur Statue der 1908 selig gesprochenen Christina von Stommeln, der man verschiedene Wunderheilungen zuschreibt, und der Pfarrkirche St. Martinus, zum Haus zur Trapp – dem ehemaligen Schöffengericht – und der inzwischen fast abgerissenen Gaststätte „Haus Thönnischen“. Man streift den verlassen wirkenden Komplex der früher weltbekannten Dierks-Studios, in denen Dieter Dierks , der ehemalige Produzent der Scorpions, Michael Jackson, Tina Turner oder Harry Belafonte zu Aufnahmen begrüßen konnte.

Vom Sportzentrum und dem benachbarten Freibad geht es weiter hinauf zum Friedhof, zur alten Martinuskirche und dem ehemaligen Krankenhaus „Maria Hilf“, in dem heute das italienische Internat untergebracht ist. Am Bahnhof kann man Klaviertöne aus den Fenstern der Musikschule von „Ur-Huhn“ Peter Werner hören, und hinter dem Pfarramt führt der Weg zu den schmalen Gassen des alten Ortes mit seinen vielen kleinen Wohnhäusern. Weiter über den Berlich in Richtung Venloer Straße, erreicht der Spaziergänger das alles überragende Wahrzeichen des nunmehr 1050 Jahre alten Ortes, die Windmühle auf der anderen Ortsseite.

Über den Mühlenweg geht es hinunter auf den Kattenberg, wo die Feuerwehr ihr Domizil hat, in die eng bebaute Nettegasse mit ihren Wohn- und Hofgebäuden, die den Dorfanger mit dem Ortsausgang in Richtung Stommelerbusch verbindet. Die alte Gemeindeverwaltung im südlichen Teil der Venloer Straße ist einer modernen Wohnbebauung gewichen. Lediglich die alte Brauerei ist noch an ihrer Giebel- und Fassadenform zu erkennen. Auch hier wurde bereits vor Jahren Wohnraum geschaffen. Der Bedarf ist groß, denn das beschauliche Stommeln wird von immer mehr Städtern als Wohnort geschätzt.

 

Quelle:  http://www.rundschau-online.de/rhein-erft/zwischen-vergangenheit-und-moderne-alter-muehlenort-mit-charakter,15185500,16956288.html